Elternliebe …

Elternliebe

“Papa ist nie für mich da, wir können nicht vernünftig miteinander reden und durch die Geschäftsreisen entfernen wir uns immer weiter voneinander”, sagte die Mutter zu ihrer 9-jährigen Tochter Melinda, die schon einige Male die Verletztheit ihrer Mutter aufgefangen hatte. Und so sagte sie auch dieses Mal wieder: “Mama, das wird bestimmt wieder. Papa hat dich doch lieb, oder?” Die Mutter senkte den Kopf nach unten und sagte weinerlich “Ja, ich glaube das hat er.” Melinda nahm ihre Mutter in den Arm, denn sie wollte ja, dass es ihr gut geht.

 

Als Melindas Papa am Wochenende nach Hause kam, fragte sie ihn: “Du Papa, wenn du fort bist die ganze Woche über, denkst du da auch an Mama?” Der Papa sagte: “Ja klar denke ich auch an deine Mama, obwohl sie mich ja schon viel kritisiert und ständig was zu meckern hat.” Melinda dachte kurz nach, aber da sie ja ihren Papa liebte und wollte, dass es ihm gut geht, sagte sie: “Das wird bestimmt wieder. Mama hat dich doch lieb, oder?”. Melindas Vater ignorierte die Frage und sagte: “So mein Kind, ich muss jetzt noch arbeiten, wir sehen uns später wieder, ok?” Melinda nickte und ging nachdenklich fort.

 

Da Melinda oftmals die emotionalen Bedürfnisse ihrer Eltern befriedigte und mit ihren Eltern besprach, was sie eigentlich hätten selbst besprechen müssen, entwickelte sie sich zu jemandem, der sich ständig um andere sorgte. Sie litt mit ihrer Mutter mit und litt mit ihrem Vater mit und tat alles dafür, dass die beiden zusammen blieben.

 

Doch dann erwachte Melinda 40 Jahre später. Sie erkannte, welche emotionalen Abhängigkeiten sie immer noch mit ihren Eltern pflegte, obwohl diese schon verstorben waren. Muster, die sich in der Kindheit entwickelten, führte sie als Erwachsene weiter. Sie guckte wenig nach sich, dafür sorgte sie sich sehr um ihre Kinder. Sie war ständig mit ihrem Mann am Nörgeln und wünschte sich Dinge von ihm, die er ihr aber gar nicht geben konnte. Denn in der 49-jährigen Melinda steckte ein verletztes Kind, welches sich nie mit Mama und Papa ausgesöhnt hatte. Und wenn ihr Mann diese Verletztheit hätte heilen können, so wäre es wohl eher Pädophilie gewesen und nicht Liebe.

 

Melinda besuchte Familienaufstellungen und Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung, um sich selbst und ihrem Herzen näher zu kommen. Sie erkannte auf einmal vieles sehr klar und ging durch das Tal der Tränen, der Schmerzen und der Aggressionen. Sie wusste, dass sie es für sich tut. Für sich, für ihre Kinder und für ihren Mann. Denn sie war sich sicher, dass alle Muster, die jetzt gelöst werden, nicht mehr weitergeführt werden.

 

Auf diesem Weg der Persönlichkeitsentwicklung und Heilung entdeckte sie die Liebe in sich und die Freude, die Dinge zu tun, die ihr Herz nährten. Melinda entfaltete ihre Fähigkeiten und Stärken immer mehr und konnte auch beruflich die Wege einschlagen, die sich schon immer wünschte. Auf die Frage “Wer bin ich?” hatte sie endlich eine Antwort gefunden. Sie lautete: Ich bin! ♥

 

Eines Tages, Melinda war inzwischen 50 Jahre, stand sie am Grab ihrer Eltern und sagte mit Tränen in den Augen: “Lieber Papa, liebe Mama, ich danke euch für alles, was ihr mir geschenkt habt. Nämlich MEIN LEBEN. Auch wenn ich jetzt einige Zeit nicht am Grab war, weil ich es nicht konnte und diesen Abstand brauchte, so wollte ich euch jetzt etwas sagen, was mir wichtig ist: ICH LIEBE EUCH!!

 

Und so wurde aus Abhängigkeit Liebe, die von Herzen kam.

 

(Verfasser unbekannt)